Call for Papers - Tagung "Solidary Citizens" (3rd Vienna Conference on Citizenship Education)

08.03.2021

Die Tagungsreihe Vienna Conference on Citizenship Education zielt darauf ab, die Politische Bildung in Österreich weiterzuentwickeln und einen Beitrag zu deren Internationalisierung zu leisten. Neben Beiträgen und Themen aus der didaktischen Praxis soll auch ein Rahmen für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Didaktisierung Politischer Bildung geschaffen werden.

Im Jahr 2021 widmet sich die 3. Vienna Conference on Citizenship Education dem Schwerpunktthema Imperiale Lebensweise und den damit verbundenen Impulsen, Anregungen und Schlussfolgerungen für die Politische Bildung. Der Begriff der „imperialen Lebensweise“ wurde von Ulrich Brand und Markus Wissen vorgeschlagen, um die tiefe institutionelle, diskursive und alltägliche Verankerung einer sozial, wirtschaftlich und ökologisch nicht nachhaltigen Produktions- und Lebensweise genauer zu verstehen. Sie wird reproduziert über politische und wirtschaftliche Strategien und Interessen, aber auch darüber, dass sie von den Menschen im Alltag ganz praktisch gelebt wird. Weiters werden die problematischen Voraussetzungen und Folgen, insbesondere der globalisierten Warenproduktion, gesellschaftlich kaum sichtbar gemacht und thematisiert. Innergesellschaftliche und internationale Ungleichheiten und Spaltungen werden darüber aufrechterhalten: Hierarchische Arbeitsteilung entlang von Klassen-, Geschlechter- und rassismusrelevanten Dimensionen, die Plünderung natürlicher Ressourcen, Konsumismus in Form von Wegwerfkultur, staatliche Politiken, die das tendenziell unterstützen. Durch die Corona-Krise wird die imperiale Lebensweise aktuell sehr widersprüchlich verändert. Die Politisierung und Veränderung der imperialen Lebensweise hin zu einer solidarischen ist eine Grundbedingung, um gesellschaftliche Krisen wie auch jene der gesellschaftlichen Naturverhältnisse zu verändern.

Die Widersprüche einer imperialen Lebensweise sollten auch in der Politischen Bildung und der Citizenship Education stärker reflektiert werden. Von Interesse ist hier die Auseinandersetzung zwischen individueller Ebene sowie strukturellen Bedingungen, Prozessen und Verhältnissen in Gesellschaft und Politik und schließlich deren Verhältnis zueinander. Politische Bildung befasst sich darauf bezogen mit Lernenden innerhalb der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit. Im Fokus stehen deshalb Möglichkeiten der Förderung von Urteilskraft. Damit verbunden ist der Zusammenhang zwischen subjektiven Denk- und Deutungsweisen sowie sozialen Handlungsformen. Entsprechend geht es um die Auseinandersetzung damit, wie Menschen unter gesellschaftlichen Bedingungen agieren und diese denkend und handelnd (re)produzieren.
Wir interessieren uns in diesem Kontext auch für Solidary Citizens, die sich den Widersprüchen der imperialen Lebensweise und in Dissens zu dieser stellen und durch Politische Bildung nach Alternativen suchen. Welche Lerngelegenheiten und welche Ausdrucksformen politischer Subjektivierung werden in Momenten des Widerstehens und der Solidarität sichtbar?

Die Tagung möchte aus unterschiedlichen fachspezifischen, wissenschaftlichen und praktischen Perspektiven vielfältige Aspekte des Themas „Imperiale Lebensweise und Politische Bildung“ beleuchten. Damit sollen die Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten für die Politische Bildung im Zusammenhang mit der imperialen Lebensweise und die damit verbundenen Herausforderungen kritisch reflektiert werden. Die Tagung soll dazu beitragen, die didaktischen Potenziale unterschiedlicher Forschungshintergründe und Praxiserfahrungen vorzustellen sowie theoretische Überlegungen und empirische Erkenntnisse zum Tagungsthema zu präsentieren.

In diesem Rahmen stellen sich insbesondere folgende Fragen an die Wissenschaft sowie an unterschiedliche Orte der Politischen Bildung:

  • Mit welchen Formen imperialer Lebensweise sollte sich die Politische Bildung befassen, und welche Impulse und Anregungen für Lehr- und Lernprozesse formuliert sie dabei?
  • Inwiefern sind aus einer machtkritischen Perspektive gesellschaftliche, politische, ökonomische, ökologische und kulturelle Strukturen, Normen und Entwicklungen im Zusammenhang mit imperialer Lebensweise in der Politischen Bildung kritisch zu analysieren?
  • Wie sollten unterschiedliche Ungleichheitsdimensionen in der Politischen Bildung thematisiert werden?
  • Wie können unterschiedliche Dimensionen der imperialen Lebensweise im Kontext der Corona-Pandemie diskutiert werden, und welche Rolle spielt hier konkret Politische Bildung in Krisenzeiten?
  • Welche Zusammenhänge bestehen zwischen (Ent-)Demokratisierung und imperialer Lebensweise? Wie wirkt sich soziale Distanzierung in der Demokratie auf imperiale Lebensweise aus?
  • Welche spezifischen Zusammenhänge bestehen zwischen Lerner*innengruppen und unterschiedlichen Formen von Citizenship und imperialer Lebensweise?  
  • Welche Lerner*innengruppen spielen für die kritische Auseinandersetzung mit imperialer Lebensweise und für die Vermittlung dieser Thematik in der Politischen Bildung eine besondere Rolle, und welche themenspezifischen Erkenntnisse liegen für diese Zielgruppen vor?
  • Welcher Beitrag kann aus politikdidaktischer Perspektive zugunsten Solidarität, kritisch-emanzipativer (Selbst)Reflexivität und Wertschätzung von Mensch und Natur im politischen Alltag geleistet werden?

Im Tagungszusammenhang sollen diese Fragen anhand vielfältiger fachlicher Perspektiven, u.a. der Geistes- und Sozialwissenschaften, der Bildungswissenschaft sowie der Didaktik der Politischen Bildung, diskutiert werden.

Für die Mitwirkung an der Tagung werden Beiträge erwartet, die sich mit themenrelevanten Zugängen im Kontext schulischer, außerschulischer und freizeitpädagogischer Politischer Bildungsarbeit sowie der Hochschul- und Erwachsenenbildung im Verständnis des Lebenslangen Lernens befassen. In diesem Zusammenhang soll die Arbeit mit möglichst vielfältigen Zielgruppen hinsichtlich Imperialer Lebensweise und Politischer Bildung abgebildet werden. Erwünscht sind Beiträge zum theoretischen Diskurs sowie zu empirischen Erhebungen. Wir freuen uns zudem sehr über anwendungsbezogene Projekte aus der konkreten Bildungspraxis. Im Sinne der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung sind Einreichungen im Rahmen von thematisch relevanten Promotionsvorhaben ebenso willkommen!

Nähere Informationen zur Beteiligung an der Tagung entnehmen Sie bitte diesem PDF!

Einreichungen sind bis 1. Juni 2021 möglich.