Sprachenlernen digital – schon vor Corona ein Thema!

09.06.2020

Das Projekt LLOM im Arbeitsbereich Sprachlehr- und -lernforschung (Zentrum für Lehrer*innenbildung) beschäftigt sich mit mobilem Sprachenlernen mithilfe digitaler Technik. Schon vor der Corona-Pandemie wurde das online-Sprachlernangebot von Lernenden genutzt: einerseits privat von interessierten Sprachlernenden, die ihre sprachlichen Kompetenzen in einer Zielsprache auf diesem Wege erweitern wollten, andererseits von engagierten Lehrenden an verschiedenen Institutionen, die die Möglichkeiten von Sprachlern-Apps, von Open Educational Resources (OER) und verschiedenen Lernplattformen zur Unterstützung von Sprachenlernen in ihren Unterricht integrierten.

Aktuell werden die zahlreichen Angebote stärker genützt denn je, wobei von der Digitalisierung eine bessere Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse von Sprachlernenden erwartet wird:

  • Viele Angebote sind kostenfrei zu beziehen.
  • Der Gebrauch ist einfach sowie zeitlich und örtlich sehr flexibel.
  • Eine physische Anwesenheit ist nicht erforderlich, Lernen kann asynchron durchgeführt werden.
  • Der Zugang über digitale Medien (Handy, Tablet, Laptop) ist zumeist problemlos und ohne weitere Investitionen möglich.
  • Sprachlernende können wählen, welche Inhalte sie üben möchten und welche App ihre persönlichen Lernziele am ehesten anspricht.
  • Lernen erfolgt interaktiv und motivierend, indem positives Feedback und symbolische Belohnungen zugesprochen werden.
  • Es können verschiedene Kompetenzstufen und Fertigkeiten trainiert werden.
  • Individuelle Lernstile und -strategien können berücksichtigt werden.

Die angebotenen Sprachlern-Apps unterscheiden sich im Zugang zum Sprachenlernen. Forschungsergebnisse zeigen, dass ein „Task-based learning“-Zugang ähnlich wie in der Präsenzlehre vielversprechend erscheint. Sprachenlernen soll auf authentisches und lebensweltbezogenes Lernmaterial zurückgreifen. Zur erfolgreichen Bewältigung zukünftiger Kommunikationssituationen sollen Sprachlernende mit authentischem Lernmaterial arbeiten, so die Annahme.

In diesem Zusammenhang wurden in jüngster Zeit Forschungsprojekte umgesetzt, die auf Elemente des „Crowdsourcings“ zurückgreifen. Wie passen Sprachenlernen und Crowdsourcing zusammen? Unter Crowdsourcing wird üblicherweise die Auslagerung von Arbeitsprozessen an eine Gruppe freiwilliger User, die „Crowd“, im Internet verstanden. Übertragen auf Sprachenlernen mittels mobiler Learning Apps bedeutet dies, dass die Verantwortung für die Gestaltung und Aufbereitung von Inhalten an die Community der User übertragen wird. Sprachlern-Apps werden einerseits von Sprachlehrenden für den Unterricht und andererseits von Sprachlernenden zum Zwecke der Übung genutzt. Beide Gruppen können als „Crowd“ die Inhalte der Sprachlern-App mit ihren eigenen Ideen erweitern und ergänzen, sodass auch andere User damit arbeiten können. Neben der Kreation von neuen Inhalten ist in diesem Verständnis die Interaktion mit dem Material anderer User essentiell.

  • Die in Wien entwickelte Sprachlern-App Lingophant (https://lingophant.com/) unterstützt informelles Lernen mit der Möglichkeit zur Aufnahme von Audioclips und sofortiger, automatischer Transkription und Übersetzung. Authentisches Material soll einen intuitiven und schnellen Fremdsprachenerwerb ermöglichen, wobei insbesondere die zukünftige Konversationsfähigkeit trainiert werden soll. Verschiedene Nutzungsmöglichkeiten der App sind denkbar: Neue Phrasen aus Online- und Offline-Konversationen können gespeichert und wiederholt werden, im Rahmen von Sprachen-Cafés können z.B. Sets von Phrasen an Teilnehmer*innen zu Übungszwecken versendet werden. Hier wird insbesondere die Perzeption trainiert. Zusätzlich können dadurch Sprachinhalte über Newsletter, Webseiten, Geschichten und Online-Foren geteilt werden, auch im Sinne von Kursvorbereitungen. Damit wird auch sichtbar, dass Sprachlern-Apps einen “Blended Learning”-Ansatz zum Sprachenlernen hervorragend unterstützen können. Digitalisierung wird als komplementäres Element zum Präsenzunterricht verstanden.
  • Im Rahmen des Erasmus+-Projekts „Language Learning Online in the age of Mobility (LLOM)“ arbeiten Forscher*innen daran, „Task-Based Language Learning“ und „Crowdsourcing“ zu verbinden und entwickeln eine frei zugängliche Sprachlern-App . Die primäre Zielgruppe für die App sind internationale Studierende, die eine Zielsprache (z.B. die Sprache des Landes, wo sie ihr Austauschsemester verbringen) erlernen möchten, sowie Sprachlehrende, die ihr Kursmaterial erweitern und teilen wollen. Erste Forschungsergebnisse liefern Tipps für die erfolgreiche Implementierung der App:
  • Die LLOM App sollte eine große Bandbreite an authentischem Lernmaterial anbieten (Songs, Filme, alles, was internationale Studierende ansprechen könnte).
  • Dem Prinzip der Interaktivität sollte entsprochen werden. Kontakte zwischen Sprachlernenden und -lehrenden sollten machbar sein, Feedback zwischen den User-Gruppen muss möglich sein
  • Bestehende Angebote aus dem Bereich OER sollten integriert und Erfahrungen berücksichtigt werden.
  • Der Korrektur- und Feedback-Funktion sollte ein großer Stellenwert beigemessen werden.
  • Verhaltensregeln (“Code of conduct”) müssen entwickelt und von der Community akzeptiert werden.
  • Der technische Support und die Kontrolle der Inhalte müssen organisiert und gewährleistet sein.

Mehr Informationen auf unserer Projekt-Website.